Minuten bei Gott – Freiheit in Zeiten von Corona
30. März 2020
Von Stephan Bickhardt
Lieber Gott,
viele sind am Limit,
manche überfordert,
andere werden mutlos
und wissen nicht wohin.
Eine Bitte habe ich an dich,
richte mich auf und mach mich innerlich frei,
lass mich nicht vergessen, was mir wichtig ist,
sei mit denen, die mir lieb sind.
Schütze die, die Leben schützen,
begegne den Einsamen.
Eine Bitte habe ich an dich,
lass Trost dein Wort sein in allem.
Amen.
Über die Freiheit
In diesen Tagen der Krise wird manches Mal über die Freiheit des Einzelnen gesprochen. Da horche ich auf. Denn mit meinem ostdeutschen Hintergrund – ich bin in Dresden aufgewachsen – weiß ich so richtig davon zu berichten, wie unfrei ich mich in der DDR fühlte. Die Einschränkung der Freiheit in diesen Tagen des Kontaktverbotes, der Kontaktminimierung ist allgegenwärtig. Das stört.
Gut, die Meinungsfreiheit und all die anderen geistigen Freiheiten sind nicht eingeschränkt (Grundgesetz, Artikel 5 der Verfassung, des Grundgesetzes). Aber schon die Freiheit, sich ohne Anmeldung und Erlaubnis friedlich zu versammeln (Artikel 8 der Verfassung) wird nicht mehr gewährleistet. Alles steht unter der Herausforderung des Schutzes der Person vor Krankheit, die sich noch schneller ausbreitet, wenn nicht klar gehandelt wird.
Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Artikel 2 der Verfassung). Alle Grundrechte können wir normalerweise in Anspruch nehmen, wie wir das wollen. Soviel Freiheit war nie. Und doch steht alles derzeit nur unter dem einen Recht, dem Recht auf Leben. Dass uns aber derzeit Freiheit verloren geht, daran dürfen wir uns niemals gewöhnen.
Liebe Freundinnen und Freunde der Evangelischen Akademie in Sachsen, in unserem Bundesland tragen viele Leute die Herrnhuter Losungen mit sich. Die stammen aus dem Alten Testament. Und dazu ist ein Wort aus dem Neuen Testament gefügt. Schon seit 1728, also seit 292 Jahren gibt es diese Worte für jeden Tag, die Millionen Menschen schon getröstet haben. Nikolaus L. von Zinzendorf nannte sie „Parolen für den Tag“.
Die Parole für den heutigen Tag ist ein Wort von Jesus: WER ZU MIR KOMMT, DEN WERDE ICH NICHT HINAUSSTOSSEN. Im Johannesevangelium 4, Vers 37 stehen diese Worte. Wer zu mir kommt, ist eingeladen. Einige Sätze zuvor legt Jesus selbst schon aus, was gemeint ist. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern. Wer zu mir kommt, wird den Durst gestillt bekommen. Den Durst nach Leben, den Hunger nach Glauben und Vertrauen. Im Gebet.
Wie geht das, mit weniger Freiheit doch zufrieden zu sein? Wie geht es, mit manchmal ängstlicher Pflicht arbeiten zu gehen? Der Mensch kann sich sehr wohl ausgestoßen fühlen, wenn sie oder er nicht arbeiten kann. Wer ausgestoßen wird, kann nicht frei sein. Viele sind dankbar für das, was an Arbeit derzeit möglich ist und hoffen mit allen anderen, bald ihre geregelte Arbeit wieder aufnehmen zu können.
Jetzt geht es um das Lebensrecht, denn ohne Leben – wer sollte da die Freiheit noch verteidigen? Menschen sind gegenwärtig offener, einander zu erzählen, wie es wirklich geht. Von Sorgen und Überzeugungen geben manche mehr bekannt als sonst. Ist das nicht Freiheit jetzt, Menschen neu entdecken?
Ein Kommentar zu “Minuten bei Gott – Freiheit in Zeiten von Corona”