Unsere Serie in dieser unruhigen Zeit – heute mit Michal Hvorecký, Schriftsteller aus Bratislava.

 

Eigentlich wollte Michal Hvorecký heute in Leipzig für uns lesen. Dank Corona müssen Sie es nun selber tun: „Troll“. Roman. Stuttgart 2018, Klett-Cotta. Mehr zum Autor unter www.hvorecky.com

 

Was bedeutet für mich Heimat?

Bratislava. Meine Stadt. Da ist meine Heimat. Und dann zwei Sprachen, Slowakisch und Deutsch. Dank denen habe ich zwei Heimaten. Bratislava ist bekannt als eine Stadt der Zuwanderer und hat eine eigenartige Rolle im Staat. Während für die Österreicher immer Wien die unbestrittene Hauptstadt war und für die Tschechen Prag, findet man in der Slowakei wahrscheinlich eine Mehrheit, die Bratislava nicht gerne mag. Für mich ist Bratislava eine Inspiration. Trotz vierzig Jahren Kommunismus, trotz Zweitem Weltkrieg und Vertreibungen ist hier die spannende Geschichte einer alten Stadt an der Donau lebendig geblieben. Ich versuche in meinen Texten die Orte zu beschreiben, die ich hier mag, die mir wichtig sind und die mich beeinflusst haben – und in beiden meinen Sprachen. Natürlich gibt es jetzt nicht mehr das, was man früher über die Stadt gesagt hat: Dass es normal war, am Morgen Deutsch, zu Mittag Ungarisch und am Nachmittag vielleicht Jiddisch zu sprechen.

 

Was würde ich in meiner Heimat gerne ändern?

Neue Siedlungen für die Superreichen direkt unter dem Burg.

 

Was sollte sich in meiner Heimat nie ändern?

Drei große Orchester und die Alte Oper. Und die Pressburger Lässigkeit.

 

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Dr. Kerstin Schimmel