Minuten bei Gott – in der Bibel Halt finden
2. April 2020
Von Stephan Bickhardt
Gott, lehre du mich beten,
nimm mich heraus,
wenn ich verlorenen Gedanken nachhänge.
Danke für jedes einzelne Wort
in der Heiligen Schrift.
Danke, dass meine Gedanken
von deinen geleitet werden.
Danke, dass Du Wege vorzeichnest,
die ich noch nicht kenne.
Danke für die Gemeinschaft mit Menschen,
die glauben
und frei sind.
Amen.
Über das Bibellesen
Ein Fensterbrett gab es nicht, ein Regal nicht – in ihrer Zelle. Sie konnte ihre Bibel allein auf dem kleinen Tisch ablegen. Sie, die politische Gefangene im zentralen Frauengefängnis Hoheneck bei Stollberg in Sachsen, 70er-Jahre. Die heute in München lebende Frau, Soziologin, glücklich, Mann, drei Kinder berichtet über ihre Haftjahre als ganz junge Frau im Unrechtsstaat DDR.
Nach der Veranstaltung gehen wir in die Kneipe, Veranstalter, Podiumsgäste, das war vor wenigen Jahren. Bärbel Bohley fragt: Wie hast Du das nur durchgehalten? Pause am Tisch, Gläser klirren nicht. Ingrid Vitzthum sagt und schaut mich dabei durchdringend an: mit Bibellesen. Pause am Tisch.
Sie erzählt, wie sie das machte: Morgens nahm ich die Bibel in die Hand, schloss meine Augen, schlug irgendeine Seite auf – wie gesagt, mit geschlossenen Augen, irgendeine Seite – und tippte einfach so, vermeintlich wahllos, auf eine Zeile mit dem Zeigefinger meiner Hand. Dann las ich diesen Vers, meinen Vers des Tages, meine Losung. Wenn die mir gefiel, dachte ich darüber nach. Ansonsten las ich die Verse davor und danach. Manchmal war ich so gebannt in meiner Zelle, dass ich gleich das ganze Kapitel und mehr las.
Der neutestamentliche Spruch für diesen Tag, liebe Freunde und Freundinnen der Evangelischen Akademie in Sachsen, ist so ein Fingerzeigewort der Frau Vitzthum, so ein sanftes Machtwort des Heils mitten in diese Corona-Virus-Krise hinein: HERR, NUN LÄSST DU DEINEN DIENER IN FRIEDEN FAHREN; WIE DU GESAGT HAST; DENN MEINE AUGEN HABEN DEINEN HEILAND GESEHEN. (Lukasevangelium 2,29).
Simon, ein Mensch mit prophetischer und geistlicher Gabe, gottesfürchtig. Er war im Jerusalemer Tempel vielen bekannt. Er sehnte sich nach Erlösung, er selbst schon hochbetagt, die Armen und Bedürftigen im Land hatte er dennoch fest im Blick. Da kam eine Eingebung von Gott her, er solle auf die Eltern Jesu zugehen. Die waren wie vorgeschrieben mit Jesus in den Tempel gekommen. Simon erkennt im Kind den Retter der Welt, sein Sehnen, Warten, Hoffen erfüllt sich. Und die Eltern Jesu lassen es zu, dass er den kleinen auf den Arm nimmt und nun kommt sein Lobgebet: Gott, ich kann loslassen hier auf Erden, ich diene dir, du bist mein Frieden – und weiter spricht Simon über dem Kind: MEINE AUGEN HABEN DEN HEILAND GESEHEN.
Menschen in der Isolation ziehen aus solchem Wort Kraft. Simon betet. Die Kranke, der Gefangene, die Einsame grübeln womöglich stundenlang, wie sehr hilft beten! Wie sehr hilft dieses Vorbeten des Simon. Mit ihm teilen wir den Wunsch nach Frieden, eben auch dem inneren. Wie sehr können Menschen mit ihm glauben, Jesus ist Christus – ist nach dem Willen Gottes Rettender meiner Seele und der Welt.
Der regelmäßige Blick in die Bibel erleichtert das Leben ungemein. Ich selbst habe die Methode der Ingrid Vitzthum schon manchmal angewandt und wunderbar gestaunt, bin nie enttäuscht worden vom ersten Bibelblick. Allerdings habe ich mir dann auch ihre Idee zu Eigen gemacht, darum herum zu lesen, um dann mein Wort für den Tag zu bestimmen. Die theologische Wissenschaft hat für solches Vorgehen ein Wort gefunden, den Schriftvergleich. Von Frau Vitzthum können Frauen und Männer diese Basiswissenschaft des Bibellesens lernen und Gottes Willen für das eigene Leben sehen.
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