Die Botschaft der Weihnachtsgeschichte – im Jahr 2021
14. Dezember 2021
Von Akademiedirektor Stephan Bickhardt – aus der Veranstaltung GEGENÜBERzeitfragen „ausverkauft?“
Jedes Jahr meditiere ich die Sätze der Weihnachtsgeschichte auf den Satz hin, der im Erzählfluss eine Nähe, ein Motiv, eine aktuelle Aussage assoziiert. Dies ist im wissenschaftlichen Sinn kein exegetisches Verfahren, dass nach Skopus bzw. Zielaussage des ganzen fragt und dann womöglich eine je eigene Aktualisierung wagt. Das Verfahren entspricht eher dem Versuch einen Essay zu formulieren, der die Erkenntnis mit der Prüfung der eigenen Subjektivität verbindet.
Die Weihnachtsgeschichte ist reich an Motiven und Aussagen, die sich im Blick auf die Gegenwart auslegen lassen. Ein Kaiser und die Volkszählung. Joseph und die schwangere Maria. Natürlich der Satz mit der Krippe, der die Krippenspiele landauf landab ins Leben gerufen hat: „Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.“ (Lukas 2,7). Dann sind da die Hirten, die in der Nacht bei den Schafen bleiben. Und der Engel mit seiner Botschaft „Fürchtet euch nicht“. Der Engelchor dazu: „Ehre sei Gott in der Höhe“. Der ermöglicht – von der Aussage über den Frieden her – immer wieder aktuelle Bezüge.
Häufig wird, gerade wenn es um die Glaubenserfahrung des Weihnachtsfestes geht, jenes Motiv der Herzensbildung bei der Maria assoziiert, sie bewegte die Worte in ihrem Herzen. Bei der letzten Sendung GEGENÜBERzeitfragen zum Thema „(un)geimpft“ dachte ich während der Moderation an unsere heutige Begegnung und fragte mich, welcher Satz der Weihnachtsgeschichte ist die Botschaft für uns heute und ich war sofort entschieden: „Als die Hirten das Kind gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, das zu ihnen von diesem Kind gesagt war.“ (Lukas 2,17)
Ausbreiten, im Wortsinn heißt so viel wie, etwas zur Sprache bringen, weil es gar nicht anders geht als eben diese Botschaft zu verbreiten. Wir sind gegenwärtig in einer Kommunikationsaufgabe dauerhafter, nun schon fast 2 Jahre währender, Art, die alles fordert. Eine allgemeine und unberechenbare Gesundheitskrise erzwingt Notwendigkeiten, die sich wirklich niemand hat träumen lassen. Warum nun dieser Vers?
Ich denke, dass die Welt mit der Botschaft der Weihnacht diese Hirtenaufgabe braucht, nämlich hinzugehen und unermüdlich zu werben für Vertrauen, Gespräch, friedliche Mittel der Streitaustragung, ernsthaftes Zugehen auf die sozial Deklassierten, die überzeugt werden müssen, sich nicht dauerhaft gegen ein Impfangebot zu wehren. Ich denke dieses Ausbreiten, Werben, dieses Schlüpfen in die Hirtenrolle sollten Einzelne, gesellschaftliche Gruppen und sowieso unsere Kirche energischer betreiben.
Die Botschaft der Weihnacht, das sage ich damit implizit, sollte von den Geschichten in der Geschichte, von den Narrativen in der Erzählung begriffen werden. Nichts anderes etwa geschieht, wenn unzählige Libretti für Krippenspiele getextet werden, wenn Lieder zu dieser Geschichte komponiert werden und vieles mehr. Die Säkularisierung des Weihnachtsfestes hat nun längst viele Blüten getrieben und auch mir schmeckt der Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt. Das ist keineswegs tragisch, Gemeinschaftsfeste kann es nicht genug geben. Wenn es aber um den religiösen Sinn des Weihnachtsfestes geht, und dies kann ja eben nur im Vollzug des Religiösen selbst konkret geschehen, wenn es also um das Christliche am Fest geht, dann ist allein Kriterium, ob diese Weihnachtsgeschichte vergegenwärtigt wird oder nicht. Alles andere, zugespitzt gesagt, ist nicht Weihnachten.
Dabei bietet diese Geschichte im Unterschied zu den Oster- und den Pfingstüberlieferungen reichlich Stoff für Häusliches, für das Familiäre, für das Motiv barmherzigen Handelns. Ein Kind muss doch nicht in der Krippe geboren werden. Wir tun also gut daran, die Weihnachtgeschichte religiös, von ihren Motiven her je und je auf und für uns wirken zu lassen. Vers 17 bietet uns interessante Übersetzungen – und Sie mögen selbst sich bitte fragen, ob dieser Vers ein Weihnachtsfest für uns ist. Die Hirten hatten das Kind in der Krippe mit eigenen Augen gesehen und das Engelwort auf dem Feld gehört.
Und nun heißt es weiter, laut verschiedenen gängigen Übersetzungen: „Als sie es gesehen hatten, teilten sie die Verkündigung mit, die sie über dieses Kind vernommen hatten. – Als sie das sahen, berichteten sie von dem Wort, das zu ihnen über dieses Kind geredet worden war. – Als sie das sahen, erzählten sie, was ihnen der Engel über dieses Kind gesagt hatte. – Alles sie es sahen, teilten sie alles mit, was ihnen über dieses Kind gesagt worden war.“ Mitteilung geben, erzählen, berichten, teilen von dieser wunderbaren Christgeburt für Mensch und Menschheit und ebensolches tun über die schwere Zeit in der wir leben. Erzählen, berichten, teilen, nicht aufgeben. Beides soll sein 2021, entschieden.