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Utopie des Monats: Gemeinsam leben – gemeinsam wachsen – gemeinsam altern


10. November 2021

Die Vitopia eG hat vier Gebäude des ehemaligen Stadtgartenbetriebs im Herrenkrugpark in Magdeburg denkmalgerecht und ökologisch als generationenübergreifendes Wohnprojekt saniert. Dabei wurde vor allem auch an Menschen mit niedrigem Einkommen gedacht. Durch die gemeinsame Nutzung von Dingen können viele Sachen auch mit weniger Geld organisiert werden. Gemeinsam wird bei Vitopia ein sozialer Reichtum gepflegt. Alle Mitglieder bringen sich aktiv in die Gestaltung des Zusammenlebens ein.

JORIS SPINDLER hat nun unsere drei Fragen beantwortet:

1. Was ist die Vision hinter Ihrem Projekt?

Gemeinsam nimmt eine Gruppe von Menschen die Verantwortung füreinander und für eine enkeltaugliche Zukunft wahr. Eine Genossenschaft mit über einhundert Mitgliedern und ein Verein haben das historische Gärtnergesellenhaus im Magdeburger Herrenkrugpark wieder- belebt. Ein Café, eine Herberge und ein Gemeinschaftswohnhaus mit siebzehn Bewohner*innen wurde gemeinsam auf- und ausgebaut. Der Ausgangspunkt für die Vitopianer*innen war die Vision, dass sich Menschen miteinander organisieren, (mehr) Verantwortung wahrnehmen und so ihr Umfeld vom konkreten Ort bis zur Gesellschaft entsprechend ihren Möglichkeiten aktiv mitgestalten.

Ein Leben innerhalb der planetaren Grenzen ist ein gemeinsames Ziel, für das Konzept. Für die Umsetzung eines ressourcenschonenden Lebens im Alltag wurde die Genossenschaft mit dem städtischen Umweltpreis ausgezeichnet. Der CO2 Verbrauch bei Vitopia liegt bei einem Drittel des Bundesdurchschnitts.
Die CO2 Verbräuche fallen – sowohl bei Vitopia als auch im Bundesdurchschnitt – zu je ca. einem Viertel in den Bereichen Mobilität, Ernährung, Wohnen (Strom und Heizung) und Konsum an. Viele Dinge werden gemeinschaftlich organisiert, dies ist finanziell günstiger und spart auch CO2 ein. Ein Beispiel ist die gemeinsame Nutzung von Autos und sofern dies praktisch möglich ist, kann als maximal klimafreundliche Variante ein Fahrrad (mit Anhänger) oder ein gemeinsames Lastenrad genutzt werden. Die Ernährung erfolgt mit ökologischen Lebensmitteln und weitgehend frei von Tierprodukten. Durch die gemeinsame Beschaffung von Nahrungsmitteln werden größere Einheiten genutzt, die finanziell günstiger sind und weniger Verpackungsmüll produzieren. Die langlebigere Nutzung von Dingen wird durch Gebrauchtkauf und/oder eine Reparatur von Sachen erreicht.

Bei Vitopia wird der Strom zu fünfzig Prozent von der Solaranlage auf dem Dach des Gemeinschaftswohnhauses produziert. Die Gebäude sind mit ökologischen Baumaterialien saniert und werden energieeffizient beheizt. Der Gemeinschaftsgarten wird gemeinsam bestellt, die Gemeinschaft ist Teil der lokalen solidarischen Landwirtschaft Vielfeld.

Die genannten Handlungspunkte kann auch jeder Einzelne außerhalb einer Gemeinschaft realisieren. Dazu ist es wiederum hilfreich sich in mehreren oft formalisierteren Strukturen zusammen zu organisieren. Dies kann geschehen durch eine Mitgliedschaft im CharSharing oder bei einer Food Coop, durch den Besuch eines repair Cafés oder durch einen Einkauf im lokalen Unverpackt Laden.

2. Was war/ist der erste konkrete Schritt, den Sie in Richtung Umsetzung Ihrer Vision gegangen sind?

2010 – Die Vitopia-Genossenschaft kauft das historische Gärtnerhaus im Herrenkrugpark           von der Stadt Magdeburg,
2011 – Sanierungsarbeiten finden mit viel Eigenleistung statt. Übergangsweise dient das      Herbergshaus als Wohnraum für die Gemeinschaft. 
2015 – Eröffnung des Café Verde bei Vitopia.
2018 – Förderung für den Ausbau des Gemeinschaftswohnhauses durch das       Bundesfamilienministerium.
2020 – Fertigstellung des Gemeinschaftswohnhauses, die Herberge wird eröffnet.

3. Bitte vervollständigen Sie den Satz: „Ich habe einen Traum…“

* dass die Menschen die planetaren Grenzen achten und die nationalen Grenzen wegfallen;

* dass (Staats-) Grenzen die Begegnung von Kulturen nicht weiterhin verhindern, sondern an den ehemaligen Grenzen Orte der Begegnung aufgebaut werden;

* dass es auf der Welt keine Staatsbürger mehr gibt sondern Erdenbürger, die die Verantwortung für zukünftige Generationen gemeinsam tragen;

* dass die Kriege & Konflikte beendet und keine Waffen mehr benötigt werden… .

Ich habe einen Traum von einer Welt, in der jeder Mensch Zugang zu sauberem Trinkwasser und sauberer Luft hat und niemand hungern muss. Die Nahrungsmittel auf der Welt werden möglichst dort produziert, wo sie gebraucht werden. Beim globalen Handel werden die Umwelt- und Sozialkosten in den Produktionsländern gerecht vergütet.

Joris Spindler, Vereinsvorstand, Herrenkrug 2, 39114 Magdeburg, 0391.40829329, verein@vitopia.de, www.vitopia.de

Von Juli 2021 bis zur „Utopie-Tagung“ im Juni 2022 schaffen wir einen digitalen Raum zum Austausch und stellen Ihnen die Ideen und Visionen derer vor, die angetreten sind, nicht nur zu meckern, sondern einfach mal was besser zu machen.

Was sagen Sie dazu? Schreiben Sie uns: kerstin.schimmel@evlks.depanja.lange@evlks.de

Dr. Kerstin Schimmel, Studienleiterin KULTUR / Dr. Panja Lange, Referentin Praktische Philosophie

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