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Minuten bei Gott – das Geheimnis von Ostern


9. April 2020

Von Stephan Bickhardt

 

Lieber Gott,
du äußerst dich in deinem Sohn Jesus Christus
bis zur Wehrlosigkeit.
Du teilst die Todesnot der Menschen.
Wir blicken auf das Kreuz.
Du überwindest Leid in Momenten,
in denen wir es nicht erwarten.
Du überwindest Leid an Orten,
wo wir es nicht für möglich halten.
Vertrauen zu dir bedeutet unendliche Stärkung.
Das leere Grab, die Auferstehung
rücken Jesus zu dir.
Wir gehen mit
durch Kreuz und Auferstehung.
Schenke einen Ostermorgen
für das ganze Leben.
Und sei bei denen, die verfolgt sind
um der Gerechtigkeit willen.
Und sei bei denen, die für Freiheitsrechte
im Gefängnis ausharren.
Im Blick auf das Kreuz befehlen wir dir
die Kinder und die Alten an.
Im Blick auf das leere Grab und den Auferstandenen
lass uns jubeln, freuen, fröhlich sein.
Christus ist auferstanden,
er ist wahrhaftig auferstanden.
Amen.

 

Über die Feiern

Die Gefangenen kannten sich aus der Zeit des aktiven Widerstandes gegen den Nationalsozialismus. Sie fanden Trost bei einem Mann von gedrungener Gestalt, einem Aufrechten. Am Morgen des 8. April hatte Dietrich Bonhoeffer auf dem Transportweg nach Flossenbürg noch eine Andacht für Mitgefangene gehalten.

Er sprach über die Losung des Tages, das war am 1. Sonntag nach dem Osterfest: „Durch seine Wunden sind wir geheilt“ (Jesaja 53,5). Bonhoeffer bestärkte, indem er über die Beweggründe und Haltungen der Gefangenen sprach. Sein letzter Gottesdienst, das Segenswort, die Feier der Andacht. Wenig später wurde er abgeführt, kam vor ein Standgericht, wurde zum Tode verurteilt und am Morgen des darauf folgenden Tages hingerichtet. Dies geschah heute vor 75 Jahren, am 9. April 1945.

Dietrich Bonhoeffer war zuletzt in seiner Zelle und unter dem Galgen unablässig im Gebet. Wenn wir heute Gründonnerstag feiern, so denken wir an die letzte große Tat Jesu an seinen Jüngern. Wir feiern seine Hingabe an uns Menschen. Für euch gegeben, das vergegenwärtigen wir – in diesem Jahr als ein Erinnerungsfest, das von der ganzen Stärke des Zuspruchs lebt, die in Abendmahlsfeiern erfahren werden kann. Wir stehen dieses Mal in persönlichen Andacht – unser Gedächtnis zu erweitern um das, was wir bereits erfahren haben.

Jesus geht mit seinen Jüngern nach dem Abendmahl zum Ölberg. Von dort schweift der Blick über das tiefe Kidrontal zum Jerusalemer Tempel herüber. Der Fußweg war eindrücklich. Im Markusevangelium 14,26, dem Lehrtext für den heutigen Tag, heißt es: UND ALS SIE DEN LOBGESANG GESUNGEN HATTEN, GINGEN SIE HINAUS AN DEN ÖLBERG. Das Lied bei Tisch zuvor klingt nach auf dem Weg durch den Olivenhain. Die dunkle Ahnung vom Tod des Meisters wird nicht zu verdrängen gewesen sein.

Liebe Freundinnen und Freunde der Evangelischen Akademie Meißen, ein ungewöhnliches Osterfest liegt vor uns. Vertraute Wege zu Andacht und Gottesdienst werden wir nicht gehen. Wie gestalten wir die Andacht, wie leben wir Gemeinschaft im kleinen Kreis? Ist es ein gutes Vorhaben am Karfreitag, ein Kreuz auf den Tisch zu legen und zu meditieren, welche Kraft des Glaubens davon ausgeht? Was habe ich mit dem Kreuz an Bestärkung und Kraftgewinn bereits erfahren? Es könnte ein tief eindrückliches Vorhaben sein, allein oder in der Gemeinschaft des Haushaltes – das Osterevangelium am Morgen zu lesen: Markus 16, 1-8. Ein Wort aus diesem Osterbericht könnte herausgegriffen werden und wenn es dieses ist, dass Zittern und Entsetzen die Frauen am leeren Grab ergriff.

Die Feiern des Lebens haben häufig Anlässe, mal voll Traurigkeit, mal voller Freude. Und die Formen zu solchen Anlässen finden immer wieder neue Ausprägungen, so auch in diesem Jahr. Eine Osterkerze, ein Feuer, eine Mahlzeit der Dankbarkeit für die Auferstehung Jesu Christi, dies kann dazu gehören. Wir kommen in diesem Jahr dem Geheimnis näher, nicht triumphierend, sondern daran denkend, zu welchem Glaubensmut Christen vor mir fähig waren.

Gott hat den Mut des Glaubens gestiftet. Heilung ist möglich, Trost bis in die Todesnähe kann empfangen werden, Hoffnung auf Barmherzigkeit haftet an in meinem Bewusstsein. Und dann führt der Weg zum Ostermontag. An diesem Tag mischt sich der Auferstandene unter die Jünger auf dem Weg nach Emmaus, läuft zu uns in die kleine Gruppe. Wir erkennen ihn nicht gleich. Aber wir sind voller Zuversicht. Eine Begegnung wird möglich sein, wenn bald wieder das Brot gebrochen und weitergegeben wird und wir erfassen: nehmet, das ist mein Leib.

 

Foto: julschae auf Pixabay

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