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Minuten bei Gott – die Mühen der Ebene


6. Mai 2020

Von Stephan Bickhardt

 

Gott,
wie durch ein Wunder
lebe ich,
aus deiner Hand
empfangen wir Kraft.
Das Licht, die Weite,
alles hast du geschaffen,
du trägst die Mühen des Tages.
Und wo ich nicht mehr
weiter weiß,
trägst du das Leben ganz.
Jesus lebt,
wo Frieden ist,
Streit und Unrast
bestehen wir,
wir bitten darum
dich.
Amen.

Über die Mühen der Ebene

Das Ruderboot brach leichte Wellen auf einem Tagebaurestsee. Am Ufer gestikulierten junge Leute. Wir fuhren zu ihnen hin. Sie riefen, ihr Freund sei nicht zurückgekommen vom Schwimmen. Wir zogen kräftig durch in meinem Ruderboot in Richtung Seemitte. Erst da sahen wir einen Schwimmer vom anderen Ufer her kommen und sprachen ihn an, vorsichtig. Wollen Sie bei uns einsteigen? Ach nein, meinte er und wirkte kräftig dabei.

Nach einer Weile fragte mein Ruderpartner ihn ein zweites Mal und fügte hinzu, seine Freunde würden in Sorge sein um ihn. Später redeten wir davon, seinen Freunden am Ufer Bescheid sagen zu wollen und ruderten zurück. Manchmal schwimmen Menschen zu weit hinaus, manchmal gehen Menschen zu weit, mindestens für ihre Mitmenschen. Es breitet sich derzeit ein Bewusstsein dafür aus, dass persönliche Ziele, Reichtum und Abenteuer nur dann Sinn machen, wenn sie eingebunden sind in eine menschliche Gemeinschaft. Rücksicht und Langmut sind gefragt, um eine Krise wie die Corona-Krise zu bewältigen.

Vor ein paar Tagen sagte einer in der Gemeinschaft der Studienleitenden der Evangelischen Akademie, jetzt kommen wir in die zweite Phase, jetzt dauert es nicht Wochen, jetzt braucht es ein Pathos und eine Lebenseinstellung für Monate, die Ebene muss durchschritten werden. Die Losung für den heutigen Tag spricht über dieses Bewusstsein von den Ebenen. ICH WILL DIE FINSTERNIS VOR IHNEN HER ZUM LICHT MACHEN UND DAS HÖCKRIGE ZUR EBENE, Prophet Jesaja 42,16.

Der Prophet spricht Gottes Wort an das Volk, das im Exil lebt. Israel in Babylon. Unebenheiten, Buckel, beschwerlich zu durchschreitende Hügel, Vorsprünge und Felsen werden nicht sein, werden umgangen auf dem Weg in die Heimat zurück und Licht wird sein Tag und Nacht. Denn ihr wisst, wohin der Weg geht. Das Heilige Land bleibt euer Ziel, obwohl ihr jetzt noch blind seid und das Leben euch zu zerreißen droht. Die Ebene ist noch nicht in Sicht, aber sie wird in Sicht kommen. Und damit sind die Mühen der Ebene (Bertold Brecht) vermutlich demnächst erreicht.

Es gehört zum Tröstlichsten für den Menschen, unter einer Verheißung zu stehen und mit Zuspruch zu leben. Persönliche Ziele müssen nicht bis ins Letzte verfolgt werden. Gottes Wege zeichnen uns einen Weg voraus, den wir noch nicht kennen. Da wir die Verheißung annehmen können, sehen wir in Kontur, wo es hingeht. Die Ebene und Mühen durchschreiten Mensch und Welt seit 75 Jahren, seit dem Ende des 2. Weltkrieges am 8. Mai 1945. Nie wieder Krieg – das bleibt eine von der Bibel her begründete Verheißung.

Für mich gehört es zu den festsitzenden Ernüchterungen, dass auch nach Ende der Ost-West-Konfrontation 1989 wieder Kriege wie auf dem Balkan und heute in der Ostukraine geführt werden. Auf der hohen See der Konflikte und vor allem in der weiten Ebene, wo um Lösungen gerungen wird, werden Verheißungen wahr. Viel mehr Licht scheint in der Finsternis als ich oftmals sehen kann. Vertrauen auf diese Verheißung ist Anfang.

Foto: Steven Wang on Unsplash

Ein Kommentar zu “Minuten bei Gott – die Mühen der Ebene”

  1. Franke, Ursula schrieb am 06.05.2020 um 17:42 Uhr:
    Ich war am Kriegsende 11, vom Vater, als Soldat in Breslau, kein Lebenszeichen. Im Eingangsbereich der Schule, ab Okt. 45 wieder Unterricht, prangte ein Spruch:Ehrenvoller ist es, eine Träne zu trocknen als Ströme von Blut zu vergießen. Viele junge Men-schen, z.B. im Volksbund für Kriegsgräberfürsorge, ermutigen mich. Aber wenn ich die sehen, die Hitlergruß zeigen, dann bekomme ich Angst. Muss sich Geschichte wiederholen? Und - was können wir Alten tun? Ursula Franke

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