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Minuten bei Gott – Mut fassen, trotz allem


6. April 2020

Von Stephan Bickhardt

 

O hilf,
dass wir auch uns
zum Kampf und Leiden wagen
und unter unsrer Last
des Kreuzes nicht verzagen;
hilf tragen mit Geduld
durch deine Dornenkron,
wenn‘s kommen soll mit uns
zum Blute, Schmach und Hohn.

Adam Thebesius

 

Über das Gebet

Wie wir beten können, lautet eine bekannte Frage des Theologen Jörg Zink. Wie können wir beten? Menschen fragen sich das immer wieder. Am Beginn der Karwoche 2020 ist diese Frage möglicherweise leichter zu beantworten als sonst. Im Eingedenken des Leidens und Sterbens Jesu Christi lassen sich in schweren Stunden leichter die Hände falten.

Wir sind am 15. Tag der Ausgangsbeschränkungen aufgrund einer Epidemie. Wer hat das schon einmal erlebt? Der leidende Christus teilt die Leiden der Welt. Jesu Weg durch Jerusalem ist eine Prozession der Rettung für die Menschheit. Woran, liebe Akademiegemeinde, denken Sie zuerst, wenn es gelte, an ein Lied, ein Gebet, ein Bild zu denken, das hilft, diese besondere Woche zu gestalten?

Meine Gedanken kehren in jedem Jahr zu dem Lied „Du großer Schmerzensmann, vom Vater so geschlagen“. Es geht bei der persönlichen Frömmigkeit in der Karwoche nicht allein um den Inhalt eines Gebetes oder eines Liedes. Es geht um das Wie. Wie bin ich zu meiner Frömmigkeit gelangt, was war mir Hilfe? Etwa 10 Jahre alt war ich, da wurde in der Markuskirche von Dresden-Pieschen dieses Lied gesunden: du großer Schmerzensmann. Ich bebte und zitterte und die Vorstellungen des Liedes gingen auf mich über. Ich fühlte wohl das erste Mal den Schmerz, den wirklichen Schmerz im Blick auf ein Opfer, im Blick auf Schläge, auf ganz tatsächliches Leiden voller Schmerz für andere.

Liebe Freundinnen und Freunde der Evangelischen Akademie Meißen, in diesem Jahr meditiere ich die Strophe 4 dieses Liedes:
O hilf,/ dass wir auch uns/ zum Kampf und Leiden wagen/ und unter unsrer Last/ des Kreuzes nicht verzagen;/ hilf tragen mit Geduld/ durch deine Dornenkron,/ wenn‘s kommen soll mit uns/ zum Blute, Schmach und Hohn.

WAGEN – NICHT VERZAGEN – TRAGEN. Wir denken an diejenigen, die unendlich viel tragen. Es sind diejenigen, die buchstäblich Verantwortung tragen, die Antworten schuldig sind. Ich denke an Landespolitikerinnen, an Beauftragte im Landeskirchenamt, an die Mitarbeiter des vom Virus stark betroffenen Altenpflegeheims in Zwönitz im Erzgebirge. Ich denke an mutige Virologen, die sich die Diagnosen nicht ausreden lassen und davor warnen, dem Vergnügungsdruck nachzugeben. Ich denke an unsere Kinder, die in anderen Städten leben und ich lese von der Dankbarkeit in persönlichen Nachrichten: Kinder und Verwandte und Freunde haben es geschafft, sind in den Flieger reingekommen und nach Hause.

Ich denke an die Verantwortlichen in der Wirtschaft, an die Unternehmer, die kein Auge zukriegen über der Frage, wie es weiter gehen soll und dann Entscheidungen treffen müssen. Indem wir an andere Menschen denken, intensiv, mit den Händen, spüren wir mehr und mehr Gott. Ich rechne mit ihm und spüre Stärke, ich verzage nicht, ich sehe ein Draußen. Wärme spüre ich, Licht. Ich weiß um Menschen, die das Leiden anderer aufnehmen. Wir bitten um Jesu Christi willen zu Gott, bleibt stark und wagt den nächsten Schritt, wagen, Mut fassen. Ich auch. Es wird sich erfüllen das Wort Jesu für diesen Tag: WER AUS DER WAHRHEIT IST, DER HÖRT MEINE STIMME – Johannesevangelium 18,37.

 

Foto: Patrick Fore/Unsplash

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