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Minuten bei Gott – über das Unvorstellbare


1. April 2020

Von Stephan Bickhardt

 

Gott, wenn ich zu dir rufe,
ringe ich um Worte,
meine Worte beginnen durcheinander.
Vergib mir,
wo ich mich verrenne.
Weise mich zu dem Menschen,
der mich braucht.
Lass mich nicht mutlos sein.
Mit Jesus Christus wächst die Hoffnung
auf Veränderung.
Amen.

Über das Unvorstellbare

Das habe ich mir nicht vorstellen können. Eine Seuche legt das allgemeine Leben lahm – Angst um Gesundheit, Arbeitsplatz, Geld. Schon einmal haben viele unter uns Unvorstellbares gemeinsam erlebt. Wir haben uns schon ziemlich daran gewöhnt, dass von Friedlicher Revolution und deutscher Einheit diesbezüglich die Rede ist. Ich meine aber etwas anderes.

Viele hatten sich ein Ende des Ost-West-Konflikts der Systeme nicht vorstellen können und ein ergreifendes Gefühl ging um seit 1989: Es wird keinen Krieg mehr geben, Frieden – und kalten Krieg sowieso nicht. Es war ein wunderbares Gefühl, Frieden für immer und Abrüstung. Bis dann doch der erste wieder kam, der Überfall des Irak auf Kuwait im Sommer 1990. Es gibt Unvorstellbares, Frieden auf Dauer und es gibt dieses Unvorstellbare, eine Virusepidemie weltweit. Ich halte mich an die Hoffnung, Hoffnung auf Heilung und Rettung, Hoffnung auf ein neues Miteinander.

Die Situation ist sehr schwierig, Menschen sind verzweifelt, durcheinander. Alte Menschen müssen vertraute Gewohnheiten aufgeben, Schüler kämpfen mit Hausaufgaben anstelle von Unterricht, Mitarbeitende im Gesundheitswesen stehen in höchster Konzentration. Das Wort für diesen Tag stammt aus dem Johannesevangelium 16,22 und will trösten. Ängste, Schmerzen, den Tod – Jesus nimmt die Lage des Menschen ernst und überrascht seinen Kreis der Jünger mit den Worten: IHR HABT TRAURIGKEIT; ABER ICH WILL EUCH WIEDERSEHEN, UND EUER HERZ SOLL SICH FREUEN, UND EURE FREUDE SOLL NIEMAND VON EUCH NEHMEN.

Jesus verabschiedet sich von seinen Jüngern und gibt schon ein Zeugnis von der Zeit nach seinem Tod. Ihr werdet euch freuen, die Zeit des Leidens wird überwunden werden. Leben und Freude wird sein und Trost. Der Auferstandene ruft aus: Die Weinenden werden wieder lachen, das ewige Leben führt in eine unvorstellbare Freude, bleibt mutig.

Jesus Christus erweist sich auf seinem Weg des Leidens als der, der auferstehen wird. Ob die Jünger ihm das glaubten? Liebe Freunde und Freundinnen der Evangelischen Akademie Meißen, von Traurigkeit weiß jede und jeder von uns aus seinem eigenen Leben zu berichten. Sie auszuhalten, wie auch die Angst und den Wutausbruch, ist außerordentlich wichtig für ein ausgeglichenes Leben. Richtig Sorgen mache müssen wir uns gemeinsam, dass vieles in der Gesellschaft alternativlos wirkt, die Aussicht auf Änderung gering erscheint und Bürger und Christen mutlos sind.

Nach dem Ende der Geschichte (Francis Fukuyama), also eben dieser Alternativlosigkeit, fürchte ich mich vor weiterer Vereinzelung, vor einer Hoffnungslosigkeit. Erst einmal, freuen wir uns aufeinander, freuen wir uns an dem, was wir jetzt an uns selbst neu entdecken und am Glauben. Alles kann anders werden zum Besseren. Aber: Da, wo Menschen sich dem bloß selbst Vorstellbaren hingeben, sind sie letztlich dem Materialismus erlegen.

Foto: © Mike Labrum on Unsplash

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